Praxisnewsletter

TATKRÄFTIG: „Erzählt mal, wie war denn euer Auslandspraktikum?“

Von 12. Juni 2017Jänner 13th, 2021No Comments

Die Newsletter-Rubrik TATKRÄFTIG steht diesmal ganz im Zeichen des Ausbildungszweiges International an unserer Schule. Auch heuer hatten die Schülerinnen in den vierten Klassen wieder die Gelegenheit, ein dreiwöchiges Auslandspraktikum zu absolvieren. Finanziell unterstützt wird das Projekt durch Erasmus+, einem Förderprogramm der Europäischen Union. Die Jugendlichen konnten sich zwischen Schweden, Italien und Deutschland entscheiden. Drei der Schülerinnen erklärten sich nach ihrem Auslandsaufenthalt bereit, ein Interview zu geben….

 

Zuerst wären einige Eckdaten interessant: Wo hat euer Auslandspraktikum stattgefunden, in welchem Land, Ort, in welcher pädagogischen Einrichtung?

Natalie: Ich war in Berlin und wir haben in einem Apartment gewohnt. Unser Kindergarten – ein Musikkindergarten- war in der Stadtmitte.

Sarah: Ich war in Florenz. Wir haben dort bei Gastfamilien gewohnt und waren in einem Privatkindergarten.

Hannah: Wir waren in Schweden, in Höganäs. Wir hatten dort unser eigenes Haus. Wir konnten mehrere Kindergärten sehen, rund um Höganäs und im Ort selbst.

 

Wie hat euer Alltag ausgeschaut? Was waren eure Aufgaben in den Betreuungseinrichtungen?

Natalie: Bei uns gab es viel Musik, selbst die Jause wurde mit Musik eingeleitet, auch das Mittagessen. Es war unsere Aufgabe, dass wir da mitmachen, mit der Gitarre spielen und mitsingen. Wir waren wie Pädagoginnen und sind auch so behandelt worden. Einmal in der Woche kam ein Musiker, der etwas vorgespielt hat, das war immer sehr cool. Der Morgenkreis in der Früh war auch besonders….alle haben sich getroffen und gesungen.

Sarah: In Italien war alles sehr spontan. Es hat zwar immer um neun Uhr einen Morgenkreis gegeben, aber sonst wurde alles, z.B. auch vorbereitende Tätigkeiten, neben den Kindern gemacht. Bei schönem Wetter war es sehr wichtig, dass die Kinder in den Garten gehen und an der frischen Luft sind.

Hannah: In den Kindergärten, in denen wir nur kurz waren, waren wir in der Beobachterrolle, aber im Hauptkindergarten sozusagen wurden wir wie Pädagoginnen gesehen und haben mitgearbeitet.

 

Habt ihr auch Einblick in die Unterlagen der Pädagoginnen und Pädagogen erhalten?

Sarah: An der Wand stand für die Eltern immer, was gemacht wurde und es gab einen Kalender mit Terminen und freien Tagen. Sonst konnten wir nichts entdecken.

Natalie: Planungen sahen wir nicht, aber Portfolios.

 

Als ihr das erste Mal in die Kindergärten gekommen seid, wie sind die Kinder da auf euch zugegangen?

Natalie: Am Anfang war es, glaube ich, für die Kinder komisch, die waren das nicht gewohnt, dass da jemand von woanders kommt. Mit der Zeit aber, wenn wir von uns persönlich erzählt und Bilder gezeigt haben, dann ist ein netter Kontakt entstanden. Die Kinder haben sich jeden Tag auf uns gefreut, weil es etwas Besonderes für sie war.

Sarah: Mir kommt vor, Italiener sind generell sehr offen. Schon am ersten Tag haben uns alle sehr nett begrüßt und die Kinder haben gleich versucht, mit uns zu reden.

Hannah: In Schweden waren auch alle gleich sehr offen, die Kinder sind sofort auf uns zugegangen. Ich hatte zuerst ein bisschen Angst wegen der sprachlichen Barriere! Der kurze Schwedisch-Unterricht in der Schule hat aber etwas gebracht, einfache Sachen konnten wir sagen und die schwedische Sprache ist generell nicht ganz schwer zu verstehen. Viele Kinder waren auch zweisprachig: englisch und schwedisch.

 

Wenn eine Schulkollegin nach dem Schulabschluss Auslandserfahrungen sammeln möchte – warum würdest du ihr deine pädagogische Einrichtung, in der du jetzt warst, empfehlen, warum nicht?

Hannah: Also ich würde es empfehlen, vor allem wenn man mehrere Einrichtungen kennenlernen könnte. Was die Unterkunft betrifft, waren wir eher außerhalb, da würde ich sagen, für ein Jahr z.B. sollte das zentral sein, evtl. in einer Stadt.

Sarah: Ich würde das auf alle Fälle empfehlen, so eine coole Erfahrung kriegt man kein zweites Mal. In Italien, das ist ein ganz anderes Arbeiten als bei uns und durch die offene Art lernt man schnell italienisch. Wenn man etwas nicht gleich versteht, dann sagen es die Italiener langsamer oder sie reden englisch. Die Sprachschule bringt auch viel, dann hat man etwas davon.

Natalie: Ich würde Berlin bzw. den Musikkindergarten dann weiterempfehlen, wenn die Person Verbindung zu Musik hat. Das war wirklich der Schwerpunkt und man muss musikalisch sein, damit man da hineinwächst, vor allem, wenn es um einen längeren Zeitraum geht. Aber die Leute im Musikkindergarten waren sehr offen, das Arbeiten im Team war anders als bei uns. Es wurden an uns auch keine Fehler gesehen, sondern geschaut, wie wir es machen. Berlin war außerdem eine tolle Stadt, die Berliner sehr offen zu uns.

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Was sind rückblickend die größten Unterschiede zur Tiroler „Kindergartenkultur“?

Hannah: Beeindruckend war, dass in Schweden Kinder im Krippenalter im Freien in Kinderwägen schlafen! Sie sind gut in Betten eingepackt und es stärkt ihr Immunsystem. Außerdem wird viel mehr mit digitalen Medien umgegangen. Die Kinder haben I-Pads, dann gibt es da z.B. ein Experiment, drüber hängt im Eck der QR-Code, die Kinder halten ihr I-Pad hin und bekommen die Vorlage, wie das Experiment geht.

Sarah: Ich war ja in der Gruppe der fünfjährigen Kinder und die müssen schon schreiben, wirklich Buchstaben eine Seite lang! Sie lernen auch die Zahlen zu schreiben. Ein weiterer großer Unterschied besteht im Gang auf die Toilette: Die Klos sind nicht jedes für sich abgetrennt, sondern es gibt in einem Raum mehrere Toiletten offen nebeneinander. Außerdem können die Kinder nicht beliebig aufs Klo gehen, sondern müssen sich an fixe Zeiten halten. Was mir noch einfällt: In italienischen Einrichtungen gibt es viel weniger Materialien als bei uns, z.B. nur zwei, drei Brettspiele, sehr wenig Baumaterialien…das ist für uns komisch. Die Kinder beschäftigen sich miteinander, die Gruppe war mit 34 Kindern sehr groß! Ab 9.00 Uhr beginnt der Morgenkreis, der durch die Zweisprachigkeit lange dauert, dadurch gibt es wenig Zeit für freies Spiel.

Natalie: In Berlin gehen bereits Zweijährige in den Kindergarten und der Unterschied zwischen einem zweijährigen und einem sechsjährigen Kind in der Gruppe ist schon sehr groß, z.B. wenn man eine Geschichte erzählt. Das Bedürfnis nach körperlicher Nähe war bei den Zweijährigen sehr groß, das Kuscheln war wichtig! Generell war die Arbeit anders, es hat keine Angebote in unserem Sinn gegeben, auch zu Ostern z.B. hat es kein Fest gegeben oder eine Aktivität, die sich darauf bezogen hätte, kein Werkstück, kein Gedicht, nichts in dieser Richtung. Bewegungsangebote laufen über eine Agentur, die nach Anruf kommt und mit den Kindern turnt. Was Buchstaben anbelangt, war alles im Raum beschriftet. Mathematik war so eingebaut, dass die Kinder z.B. die Seiten der Gitarre und der Geige gezählt haben, also das war wieder mit Musik verbunden. Was ich mir mitgenommen habe: Musik wirkt, die Kinder sind viel ruhiger, wenn man viel mit ihnen singt, das hätte ich mir nicht gedacht.

Formuliert bitte zum Abschluss noch einen Satz zu euren Erlebnissen im Ausland!

Sarah, Natalie und Hannah sind sich einig: Es war eine schöne Zeit!

Natalie meint abschließend: Es war eine positive Entscheidung, hinzufahren, weil man sich Positives, aber auch Negatives mitnehmen konnte – daraus lernt man.

 

Das Interview mit Natalie Moser, Sarah Puelacher und Hannah Schneider führte Brigitte Webhofer MA, Didaktik- und Praxislehrerin an der Kath. BAfEP.